von Astrid Möslinger BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN Okt. 2022
Lüftlmalerei und Blumenkästen an der Fassade, eine Einrichtung mit viel Holz, auf der Speisekarte Schlutzkrapfen und ein Küchenchef mit Schweizer Prägung. Nein, wir sind nicht in den Alpen, sondern im Kraichgau.
Die Straße schlängelt sich durch die sanft gewellte Landschaft. Die Wälder rechts und links leuchten gelb und rot. Überall gedeiht hier Wein an den Hängen. Sie sind so steil, als wollten sie sich der Sonne von ihrer besten Seite präsentieren. Der Kraichgau hier bei Östringen wirkt im Herbst besonders idyllisch.
Heiko Lesiecki verschlug es vom Bodensee an den Kreuzbergsee
Das fand auch Heiko Lesiecki, als er vor einiger Zeit hier vorbeikam und die schmale Einfahrt zum „Kreuzberghof “ entdeckte. „Was steht denn da?“, hat er sich gewundert, weil das Gebäude wie ein typischer Landgasthof in Tirol aussah – mit Blumen umrankten Balkonen und der in den Alpen beliebten Lüftlmalerei.
Wie es der Zufall so will, rief ihn wenig später ein Kollege an: Ob er sich vorstellen könne, dort als Chefkoch anzufangen? Konnte er. Und so landete Lesiecki mitten in diesem Paradies mit Blick auf einen kleinen See.
„Man kann schon sagen, dass ich es hier schön finde“, erklärt er in seinem weichen südbadischen Dialekt und einem Sinn für Untertreibung. Vielleicht hat auch der Kreuzbergsee seine Entscheidung beeinflusst, schließlich wuchs der Koch mit Meisterbrief am Ufer des Bodensees auf.
Das hiesige Gewässer ist im Vergleich natürlich winzig, von Ausflugsschiffen und Segelbooten keine Spur. Dafür genießen die Spaziergänger, die an diesem Tag am Wasser flanieren, die Ruhe.
Es ist kurz nach zehn Uhr morgens. Lesiecki wird bald in der Küche verschwinden, denn in zwei Stunden stehen die ersten Mittagsgäste vor der Tür. Zurzeit zelebriert das zehnköpfige Team Tiroler Wochen und serviert Alpenspezialitäten wie die ravioli-artigen Südtiroler Schlutzkrapfen und Kaspressknödel aus Brot und Käse. Mitte November beginnt dann die Gänsebraten-Saison.
In das gemütliche Landhaus-Ambiente passen Lesieckis gutbürgerliche Rezepte. Er legt Wert auf eine ehrliche Küche, wie er sagt, die auf hochwertigen Zutaten fußt. Dieses Konzept zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere des erfahrenen Kochs.
Gelernt hat er in Meersburg. Danach zog er für zehn Jahre in die Schweiz. Am prägendsten empfand er die Zeit im Chasellas, einem Fünfsternehotel in St. Moritz. „Das Credo meines Chefs war: Koche wie zu Hause und nimm die besten Zutaten, die du kriegen kannst“, erinnert er sich.
Der Wein des Restaurants stammt aus der Nachbarschaft
So interpretiert Lesiecki auch seine Aufgabe im Kreuzberghof – nicht nur auf den Tellern der Gäste. Die Gläser füllen die edlen Tropfen aus den umliegenden Hanglagen, die schon die Römer und nach ihnen Zisterzienser bewirtschafteten.
Hier reifen die Trauben der vielfach ausgezeichneten Bio-Weine des Guts Heitlinger. Es gehört wie das Golf-Resort, das Clubrestaurant „Albatros“ und der „Heitlinger Hof “ zu den Heitlinger-Genusswelten. Vor fast zwei Jahren erwarb deren Begründer, der Kraichgauer Unternehmer Heinz Heiler, zusätzlich den benachbarten „Kreuzberghof “ mit 40 Hotelzimmern.
Das Publikum ist bunt. Unter die Übernachtungsgäste mischen sich Golfspieler und Ausflügler, die durch das Katzbergtal oder auf den Kreuzberg wandern oder Radtouren unternehmen. Neben Tagungen werden hier auch Geburtstage, Hochzeiten und Taufen gefeiert. Ein Programm, bei dem es Lesiecki und seinen Mitarbeitern nie langweilig wird.